Der Netzwerker aus Peru hat eine Salzburger Vergangenheit – er studierte hier und gründete seine Entwicklungsorganisation Minka
Francisco San Martín Baldwin erhält heuer den Romero-Preis. Die Auszeichnung der Katholischen Männerbewegung Österreich (KMBÖ) und ihrer entwicklungspolitischen Aktion SEI SO FREI geht am Freitag, 16. November in Oberndorf über die Bühne. Dass die Ehrung in Salzburg stattfindet ist kein Zufall: San Martín studierte hier und forschte zu Wirtschafts-Netzwerken. Nach dem Doktorat baute er in seiner Heimatstadt Trujillo die Entwicklungsorganisation Minka auf, die mit dem Ansatz des Vernetzens das Leben von Bauern und Kleinunternehmern nachhaltig verändert. „Wenn die Menschen zusammenarbeiten haben sie bessere Chancen“, ist San Martín überzeugt.
Minka ebnet Weg in ein besseres Leben Minka kommt aus dem Quechua, der Sprache der Inkas. San Martín übersetzt Minka mit „Zusammenarbeit“. Seit der Gründung seiner Entwicklungsorganisation Minka hat er mit seinem Team und Unterstützern wie SEI SO FREI rund 100 Projekte verwirklicht und tausenden Menschen ein nachhaltiges Einkommen und ein Leben in Würde ermöglicht.
Profiteure sind unter anderem Kleinbauern, deren Ernte Minka zu einem guten Fixpreis kauft und dann auf Märkten anbietet. „Normalerweise sind die Bauern extrem von Zwischenhändlern sowie den Pflanzenschutz- und Düngemittelverkäufern abhängig. Die bleuen ihnen ein: Ihr müsst mehr produzieren und dafür braucht ihr die Chemie.“ Minka durchbricht diesen Kreislauf, zeigt auf, wie es ohne teure Chemiekeule geht und dank Mischkultur, natürlichem Dünger und alternativer Schädlingsfallen die Produktivität trotzdem passt. Und die Entwicklungsorgansiation nimmt sich mit Wasser dem zentralen Thema für die Landwirte an.
„Kleine“ ernähren das Land In nur eineinhalb Monaten gibt es im Hochland um Otuzco im Norden Perus Regen und der fällt als Folge des Klimawandels immer geringer aus. Das betont Marcos Gomez Villanueva aus dem Dorf Carnachique. Er ist Vorsitzender der dortigen Bauernvereinigung. Die Kooperation mit Minka brachte ihm und seinen Kollegen Bewässerungssysteme, Wasserreservoirs und den Glauben in die eigenen Stärken sowie das Vertrauen in das seit Generationen weitergegebene Erbe. „Das alte Wissen darf nicht verkümmern, muss am Leben bleiben“, wünscht sich San Martín, der beim Besuch in Carnachique von einer Bäuerin eine Lehrstunde zu traditionellen Getreidesorten bekommt.
Zwei Drittel der Bevölkerung im drittgrößten Land Südamerikas sind in der Landwirtschaft tätig. Davon sind 90 Prozent Kleinbauern. Sie ernähren Peru, denn die vom Staat geförderten Großbetriebe exportieren ihre Produkte. Ungleich oder besser sehr ungerecht ist die Besitzverteilung: Die zehn Prozent „Großen“ besitzen mehr Land als die 90 Prozent „Kleinen“ zusammen.
Der Staat konzentriert sich auf die riesigen Agrarbetriebe, die auf ihren Monokulturen Zuckerrohr oder Spargel anbauen. So hat zum Beispiel die Finanzierung eines Wasserprojekts für eine Spargelplantage in der Region von Trujillo absolute Prioriät. Alles muss dem vermeintlichem wirtschaftlichen Wachstum untergeordnet werden. Wer etwas dagegen sagt, auf die fehlende Unterstützung der Kleinbauern verweist, wer die Umweltprobleme anspricht, „der ist in den Augen der meisten Politiker rückständig“, weiß San Martín. Er erklärt: „Der Staat bei uns ist schwach. Er hat keine Antworten auf den Konflikt zwischen Umwelt- und Wirtschaftsinteressen.“ Die Peruaner erwarten sich auch wenig bis nichts vom Staat, so der nüchterne Befund des Entwicklungsexperten.
In Minka haben die Menschen Vertrauen In Minka und Francisco San Martín haben die Menschen Vertrauen. Der promovierte Politikwissenschafter hat die Organisation 1987, noch während seiner Zeit in Salzburg, gegründet.
Mittlerweile ist Mika ein anerkannter Player der Regionalentwicklung in Peru und Multiplikator. Gründer San Martín ist überzeugt, Peru braucht Menschen, die politisch etwas verändern. Im Laufe der Jahre haben zahlreiche Menschen die Minka-Idee des Vernetzens kennen gelernt, sie haben erlebt, dass Ökologie, Gerechtigkeit und wirtschaftliche Entwicklung zu vereinbaren sind. Er selbst sehe sich nicht in der Politik, aber es gefalle ihm, Menschen zu überzeugen und dabei zu sein, wenn Ideen und Entwicklungstheorien in die Praxis umgesetzt werden.
SEI SO FREI als verlässlicher Partner Mit Salzburg ist er, unterstreicht Francisco San Martín, „stark verbunden“ – nicht zuletzt durch die Unterstützung der Katholischen Männerbewegung. „Es gab Projekte, wo nicht alles glatt lief. Da ist es umso wichtiger Partner zu haben, die uns vertrauen und durch schwierigere Zeiten begleiten.“ Der Romero-Preisträger ist auch österreichischer Konsul in Trujillo. Nicht viele Peruaner kennen Österreich so gut wie San Martín, einem Brückenbauer zwischen den Kontinenten, der trotz aller Widrigkeiten Perus Zukunft positiv sieht: „Die Menschen sind fleißig und kreativ. Das macht mich optimistisch.“
Preis erinnert an Märtyrerbischof Oscar Romero Der an den salvadorianischen Märtyrerbischof Oscar Romero erinnernde „Romero-Preis“ wird von der Katholischen Männerbewegung und SEI SO FREI seit 1980 an Personen vergeben, die sich in besonderer Weise für Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzen. Unter den Preisträgern finden sich Bischof Erwin Kräutler, Waris Dirie und P. Josef Hehenberger.
„Bischof Romero steht für Frieden und Gerechtigkeit“, sagt San Martín. „Gerechtigkeit ist auch für mich ein zentrales Thema.“ Schon in frühester Jugend habe er mit seinem Vater über die Ungleichheit in der Gesellschaft diskutiert. „Mein Vater betonte immer, es braucht Bildung, damit sich die Lebensumstände ändern.“ Diese Worte prägten San Martín, den Romero-Preisträger 2018, der mit seiner Entwicklungsorganisation heute Bildung und Netzwerke fördert.
Preisverleihung am 16. November in Oberndorf bei Salzburg Romero-Preisverleihung, Aula der Sportmittelschule Oberndorf „Leopold Kohr“, Joseph-Mohr-Straße 8. Einlass: 18.30 Uhr; Beginn: 19 Uhr; Ehrengäste: em. Erzbischof Alois Kothgasser, Weihbischof Hansjörg Hofer und die Salzburger Landesrätin Andrea Klambauer. Weiter Infos zum Romero-Preis unter www.seisofrei.at/romero
Romero-Preisträger Francisco San Martín in Salzburg, Tirol und Wien Mi., 14. 11., 19 Uhr, Kufstein, Pfarrzentrum St. Vitus, Vortrag „Befreiung aus Armut“. Mo., 19. 11., 19 Uhr, Bondeko, Schönleitenstraße 1, Salzburg-Liefering, Vortrag „Befreiung aus Armut“. Di., 20.11., 11 bis 13 Uhr, Universität Salzburg, Politikwissenschaft, Rudolfskai 42, Vortrag „Wachstum, Entwicklung und Politik in Lateinamerika nach den 90er Jahren am Beispiel Peru“. Di., 20.11., 19 Uhr, Kardinal-Schwarzenberg-Haus, Kapitelplatz 3, Salzburg, Vortrag „Befreiung aus Armut“. Mi., 21.11., 15 bis 19 Uhr, Afro-Asiatisches Institut, Wr.- Philharmoniker-Gasse 2, Salzburg, Workshop „Projektentwicklung“. Do., 22.11., 19.30 Uhr, Saalfelden, Pfarrsaal, „Romero-Preisträger zu Gast in Saalfelden“. Fr., 23.11., 19 Uhr, Seekirchen, Pfarrsaal, Vortrag „Befreiung aus Armut“. So., 25.11., 12 Uhr, Wien, Stephansdom, Festmesse zu Ehren des Heiligen Oscar Romeros, mit Weihbischof Scharl, Nuntius Erzbischof Zurbriggen, Dompfarrer Faber, Romero-Preisträger San Mart